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Chile
Santiago bis Bolivien
> 16.02.2006 - 27.02.2006 <
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Nach ein paar Tagen in Santiago de Chile zieht es uns wieder zurück auf die Straße. Am ersten Tag fahren wir 470 Kilometer auf der Panamericana, was auf der gut ausgebauten Straße kein größeres Problem darstellt. An einer kleinen Bude essen wir am nächsten Tag etwas zu Mittag, als Mike vorbei kommt. Der US-Amerikaner ist unterwegs nach Ushuaja; er hat die Panamericana von Alaska bis Chile schon befahren. Etwas schräg finden wir allerdings die kugelsichere Weste sowie den Kanickeldraht als Diebstahlschutz schon. Na ja, jeder Jeck ist anders.

Nach einem kurzen Gespräch verabschieden wir uns von Mike und fahren weiter Richtung Norden. Die Landschaft wir immer wüstenartiger, wir haben die Atacama erreicht.

In Tal-Tal verlassen wir die Panam und fahren auf der Routa 1 weiter, sie führt etwa 400 Kilometer parallel zur Panam an der Pazifikküste entlang.

Es gibt zwei Verbindungensstraßen zwischen der Panam und der Routa 1: Einmal nach etwa 200 Kilometern und dann nochmal bei Kilometer 300. Nachdem wir den 2. Abknick zur Panam passiert haben, wird die Straße immer einsamer und auch schlechter gewartet. Die sandigen Berghänge reichen direkt bis an die Straße heran. Bedingt durch die schlechte Wartung werden auch Erdrutsche nicht richtig geräumt.

Machmal ist sogar die ganze Straße weggerutscht und nur notdürfig mit Sandsäcken repariert.

Die Piste wird mit jedem Kilometer schlechter. Da es aber nur noch etwa 60 Kilometer bis Antofagasta sind, beschließen wir, weiter zufahren. Wir haben nämlich keine Lust auf den etwa 200 Kilometer langen Umweg über die Panam.

Hinter einer Kurve ist auf einmal die ganze Piste weggespült. In ein paar hundert Metern Entfernung kann man erkennen, dass sich die Piste in Serpentinen den Berg hinauf schlängelt. Das Zwischenstück ähnelt aber eher einem Flußbett.

Im oberen Bereich sieht man die Serpentinen

Es ist ganz schön schwierig, zwischen den ganzen Felsbrocken den besten Weg zu finden. Entweder sind die Felsbrocken zu groß oder man gräbt sich im feinen Kies mit dem Hinterrad ein. Für die Strecke bis zu den Serpetinen brauchten wir fast eine Stunde.

Unten links ist der Rest der Straße zu erkennen.

Oben angekommen stellt sich leider heraus, dass die Piste nach der nächsten Kurve komplett weggeschwemmt ist.

Kein Wasser, keine Tankstelle, keine Panam - und viele Minenstollen...

Es geht etwa 2,5 Meter ziemlich steil herunter, eigentlich wäre jetzt der Zeitpunkt umzudrehen. Aber nach der Maloche hier hoch haben wir wenig Lust zurück zufahren. Außerdem hieße das ja, jetzt aufzugeben, und das tun wir nicht gern. Zusammen schaffen wir es innerhalb einer halbe Stunde die zwei XTs auf die andere Seite der Piste zu schaffen.

Nach diesem zweiten Kraftakt sind wir ziemlich fertig. Eigentlich wäre jetzt die richtige Zeit das Nachtlager aufzuschlagen, da es auch schon leicht dämmert. Da wir uns aber nicht sicher sind, ob nicht schon hinter der nächsten Kurve ein unüberwindbares Hindernis auf uns wartet, wollen wir noch etwas weiter. Die Piste bleibt auf den nächsten Kilometern sehr schlecht, und es wird immer dunkler, so dass wir uns entschließen, auf der Piste zu übernachten.

Wir haben für die letzten 5 Kilometer über zwei Stunden gebraucht.

Da wir nicht wissen, wie es auf der Piste weiter geht, sind wir etwas unschlüssig, was wir als nächstes unternehmen sollen. Es sind noch 50 Kilometer bis Antofagasta, der nächsten Stadt. Bis dahin nur Wüste, und kein Wasser oder Benzin.

Unser Problem ist, dass es durchaus möglich ist, dass kurz vor der Einmündung der R1 auf die Panam ein unüberwindbares Hindernis kommt. In diesem Falle müssten wir wissen, ob wir es mit unserem Wasser und Benzinreserven wenigstens wieder bis zur Verbindungspiste zur Panam kommen. Dort kommen zwar wenige - aber immerhin überhaupt einige - Fahrzeuge lang, von denen wir Sprit und Wasser bekommen könnten.

Also sitzen wir - nun schon im Dunklen - vorm Zelt und rechnen unsere Wasser- und Benzinreserven zusammen. Wasser ist einfach zu überschauen: Eigentlich zuwenig. Es würde theoretisch für einen schweren Tag (also hoher Wasserverbrauch) reichen.

In Sachen Benzin kommen wir auf das Ergebnis, dass wir noch etwa 100 Kilometer weiterfahren könnten und dann wieder bis zur Verbindungsstraße kommen würden, wohlgemerkt: nicht bis auf die Panam. Da wir immer 6 Liter Sprit in den roten Reservekanistern mitführen, beschließen wir morgen so lange zu fahren, bis die Tanks leer sind. Wenn wir die Panam dann nicht erreicht haben, wollen wir umdrehen. Mit dem Trinkwasser wären zwei Tage zwar etwas hoch geschätzt, aber ein halber Tag ohne Wasser müsste auch gehen. Die folgende Nacht verläuft etwas unruhig, weil wir absolut nicht wissen, was auf uns zu kommt.

Der nächste Morgen: Erstmal Kaffee

Erfreulicherweise bessert sich die Piste auf den ersten Kilometern. Sie wird nur durch kleinere Auswaschungen unterbrochen, die wir leicht bewältigen.

Nach kurzer Zeit erreichen wir eine T-Kreuzung mit einer guten Piste. Leider ohne Beschilderung. Also rechts oder links? Das ist hier die Frage. Da die R1 auf der Karte an der Küste nach Norden führen soll, entschließen wir uns für den Abzweig in Richtung Nordwest. Nach einer weiteren Stunde erreichen wir ein Minencamp. Es ist zwar bewohnt, aber keine Menschenseele ist zu sehen.

Wir untersuchen alle Räume, die nicht mit einem Schloß gesichert sind, nach Benzin oder Wasser. In der kleine Küche des Camps steht eine Wassertonne. Wir füllen unsere Wassersäcke, und sind froh, schon mal ein Problem - nämlich die Wasserknappheit - gelöst zu haben. Wir folgen der Piste weiter in Richtung Nordwest, vorbei an den Bergwerkstollen, in denen Kupfer abgebaut wird. Aber auch hier ist keiner zu sehen.

Die Strecke führt durch eine sehr spektakuläre Berglandschaft. Leider endet die Strecke an einem großen Stollen. Sackgasse, schei... . Also wieder zurück zu der T-Kreuzung.

Da uns an der T-Kreuzung nur noch eine Möglichkeit bleibt, bleibt nicht mehr viel Auswahl. Auf der nächsten Bergkuppe wird uns erst klar, wie groß das Chaos durch die Minenstraßen wirklich ist: Das ganze Gebirge ist mit kleinen Pisten durchzogen.

An der nächsten Kreuzung heißt es mal wieder eine der zwei Piste wählen. Leider führt keine auch nur annähernd in Richtung Norden, wo die R1 eigentlich langführen soll. Die Piste, die wir gewählt haben, führt durch einen kleinen Flußlauf zwischen zwei Bergen entlang.

Sie ist sehr schwierig zu befahren. Sehr große Steine wechseln sich mit weichen Sandpassagen ab. Zudem ist es sehr heiß, so das wir mehrere Pausen machen müssen, um die Öltemperatur wieder unter die 100°-Grad-Marke zu bekommen.

In der Bildmitte zieht sich der Flußlauf bergauf.

Der Busverkehr ist auf der Strecke vor kurzem eingestellt worden.

Endlich in Antofagasta

Unsere Piste kreuzt nach der Bergkuppe eine sehr breite und gut ausgebaute Straße. Diese Piste könnte die R1 sein. Sie führt aber eigentlich nicht in die richtige Richtung. Aus Mangel an Alternativen folgen wir der Piste in Richtung Westen obwohl wir laut unsere Karte nach Norden müssten. Nach einer Weile sehen wir vor uns eine größer werden Staubwolke: Ein Geländewagen kommt uns entgegen. Ich halte ihn an und frage den Fahrer wo und wie weit es bis zur Panam ist.

Erfreulichweise sind wir wieder auf der R1 in Richtung Panam, die nicht mehr weit ist. Als wir in Antofagasta ankommen, sind die Tanks so gut wie leer. Wir füllen unsere Tanks auf und besorgen uns im riesen Supermarkt etwas zu kauen.


Bei Pancho und Juanita in Iquique

Wir haben uns entschlossen, an der Küste weiter in Richtung Iquique zu fahren. An einer schönen Stelle am Pazifik schlagen wir das Zelt auf und beschließen den Abend mit einem kalten Bier und genießen den Sonnenuntergang.

Nach einer Stunde sind wir in Iquique angekommen. Da meine Hinterradbremse bzw. die Bremsklötze am Ende sind, wollen wir einen Tag in Iquique bleiben, um ein paar neue Klötze aufzutreiben. Der örtlichen Yamaha-Händler stellt sich leider als schlecht sortiert heraus. Er weist uns allerdings den Weg zur Motorrad-Zubehör-Meile.

Im ersten Laden lernen wir Pancho kennen, der bei der Stadt arbeitet und so natürlich Zeit hat, mit uns alle Geschäfte nach unseren Klötzen abzuklappern. Nachdem das keinen wirklichen Erfolg bringt, fahren wir zu einer Werkstatt, die Bremsklötze neu belegen kann. Nach getaner Arbeit lädt Pancho uns erst mal zum Mittagessen bei sich zu Hause bzw. seiner Freundin Juanita ein. Da am Abend die große Karnevalsparade stattfindet, laden uns die beiden ein, bei ihnen zu übernachten.

 

Pancho mit Dienstfahrzeug

Während Juanita das Mittagessen fertig macht, fragt uns Pancho, was wir trinken wollen. Mit einem Augenzwickern meint er: "Bier oder Fanta?" Wir sagen auch mit eine Augenzwickern: "Fanta natürlich". Und so bekommen wir 2 Flaschen Bier vor die Nase gestellt, und er trinkt Fanta. Auf die Frage, ob er auch Bier möchte, sagt er: "Nee, also um 12 Uhr mittags ist mir dann doch zu früh zum Bier trinken".

Ich kann mir gut vorstellen, wie er demnächst seinen Kumpels erzählt: "Ja, die Deutschen, die saufen sogar mittags schon Bier." Das zweite Problem ist, dass wir 5 Tage wild gecampt haben und somit wahrscheinlich stinken wie zwei tote Iltisse. Irgendwann kommt dann die Frage, ob wir uns duschen und umziehen wollen. Nach der Dusche fühlen wir uns erheblich besser. Jetzt gehts auf zu Panchos Eltern, bei denen die Super Tenere von Pancho steht.

Die Eltern haben eine Tanzschule. Aufgrund der Parade ist der ganze Laden voll mit Mädels, die sich fertig machen für den Umzug. Bikinianprobe - sehr nett anzusehen.

Am Abend geht's dann in die örtliche Rockerkneipe. Schon verwunderlich, wie viele düstere Gestalten sich hier mitten im Nirgendwo versammelt haben, aber alles nette Jungs. Um 5 Uhr sind wir ziemlich voll wieder bei Pancho und fallen in die Betten. Am nächsten Morgen ist erstmal Katerstimmung angesagt.

Humboldstone

Nachdem ich mir erstmal Salz in den Tee geschüttet habe, kann der Tag beginnen. Wir verabschieden uns herzlich von Pancho und Juanita und fahren mit ziemlich dickem Kopp in Richtung Humboldstone, einer verlassenen Erz-Stadt. Nachdem die Mine, die einzige Einnahmequelle der Stadt, ausgebeutet war, wurde die Stadt verlassen.

 

 

In den letzten Jahren wurde die Stadt nach und nach in ein Museum umgewandelt. Durch unseren Kater bedingt wird die Besichtigung kürzer als geplant.

 

Von Humboldstone über die Panam nach Arica

Die Straße führt mitten durch eine bizarre Wüstenlandschaft. Sie schlängelt sich an den Bergflanken entlang, an denen es verdammt steil nach unten geht, an manchen Stellen kann man im Tal Autowracks sehen. Keine sehr angenehme Vorstellung.

Nachdem wir an einem "Rasthaus" etwas gegessen haben, lassen die Schmerzen ein bisschen nach und die restlichen Kilometer bis Arica sind schnell abgerissen. Als wir in Arica ankommen brauchen wir ziemlich lange, um den im South American Handbook angegebenen Campingplatz zu finden. So ist die Sonne schon untergegangen als wir endlich auf dem Platz ankommen.

Camping auf 3700 Metern

Von Arica aus wollen wir am nächsten Tag nach Bolivien fahren. Das Problem ist der Pass, der nach La Paz führt: 4500 Höhenmeter sind einfach zuviel für einen Tag. Man sollte am ersten Tag nicht höher als auf 2500 bis 3000 Höhenmeter steigen, heißt es. An den folgenden Tagen nur etwa 500 - 1000 Meter. Ab 3000 Meter hat die XT effektiv etwa 10 PS, und man kommt kaum von der Stelle: Die Luft ist hier oben einfach zu dünn.

Der Benzinverbrauch steigt deutlich, und die Russablagerungen sind deutlich an Koffer und dem Blinker auf der rechten Seite zu sehen. Den ersten guten Platz, den wir finden, nehmen wir. Er liegt mit 3700 Metern eigentlich zu hoch. Aber da wir bis jetzt keinerlei Probleme mit der dünnen Luft haben - und da es auch keinerlei Alternsnativen gibt - ist das auch in Ordnung.

Auf 3700 Metern ist das Atmen an sich schon anstrengend genug. Während wir den Platz für das Zelt von Steinen befreien, müssen wir zweimal eine kleine Pause machen weil wir so aus der Puste sind. Die Strecke führt uns am nächsten Tag auf über 4000 Metern. Die Landschaft wird immer karger. Es ist unglaublich, wie die Menschen unter diesen ärmlichen Bedingungen hier leben können. Unglaublich ist auch der Anblick der schneebedeckten Gipfel der Anden.

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Weiter geht's nach Bolivien
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